War es nicht auffallend, wie leer die Straßen in den vergangenen Monaten waren und wie sie sich jetzt wieder deutlich füllen?  Menschen kommen wieder in Bewegung  – Sommerzeit ist Reisezeit!  Immer wieder schaue ich mir unseren Straßenverkehr an, der für mich spiegelt wie wir in unserer Gesellschaft miteinander leben und umgehen. Nicht nur, dass wir immer schneller, höher und weiter unterwegs sind  –  sondern was mir zum Beispiel besonders in Deutschland auffällt, sind unsere vielen Schilder!

Kaum ein paar Meter einer Straße vergehen, wo uns nicht ein neues Schild sagt, wo´s langgeht – oder gerade nicht und wie schnell, ob mit oder ohne Überholung, Abbiegen, Anhänger – und wann das Ganze wieder vorbei ist. Und all das soll uns ja zur Sicherheit dienen!

Interessant ist dabei, dass andere Länder und Kulturen dies immer wieder ganz anders lösen – und auch dort wollen ja alle Menschen sicher ankommen! Denken wir mal an Italien:
Dort fühlt sich Straßenverkehr ja oft schon ganz anders an, denn eine Vielzahl von Ampeln sind dort weitgehend durch Kreisverkehre ersetzt, was eine höhere Effizienz  – aber auch Aufmerksamkeit und Rücksicht erfordert, damit alle im Fluss bleiben können! Das „Richtig und Falsch“ wird ersetzt durch mehr Verantwortung. Denn je mehr Angst in einem System ist, desto mehr Regeln und Verbote braucht es.

Oder noch deutlicher in Indien: Dort suchen sich Eselskarren, Tuk Tuks, Fahrräder, Mopeds, Trucks und Menschen mit Schubkarren ihren Weg! Und alle gleichzeitig verfolgen sie ihr eigenes Ziel und brauchen natürlich ein hohes Maß an Umsicht und Rücksicht um alle sicher anzukommen.

Das könnte ich mir stundenlang ansehen  wie Menschen da stehen auf etwas Warten, im Auto im Stau stehen mit einem Freund ein Eis essen, sich treffen, alles in einem Gleichmut einer Gelassenheit. Der Straßenverkehr spricht Bände über das wie Menschen hier miteinander umgehen:
meine Interpretation ist, dass sie wesentlich angstfreier als wir aufeinander achten, gelassen sind,  – lebendig. Zielstrebig selbst vorankommen wollen ohne den anderen dafür klein machen zu müssen oder auf ihr Recht beharren zu wollen. Das sieht aus wie Chaos, funktioniert aber, weil  – wie ich glaube – die Einstellung eine andere ist!

Wir Menschen können ganz unterschiedlich miteinander umgehen: wir können definieren, was falsch und richtig ist, wir können uns darauf konzentrieren, wer Recht hat und wer schuld ist. Das kennen wir, glaube ich aus dem deutschen Straßenverkehr besonders gut, oder? Wie oft sage ich: „so ein Depp“, wenn jemand knapp vor mir in meine Spur einschert, weil ich auf mein Recht beharre? Oder kann ich entspannt ein bisschen abbremsen und mir gelassen vorstellen, dass es auch in meinem Leben schon Momente gegeben hat, wo ich es besonders eilig hatte? 

Vielleicht können wir gerade in der „Kommunikation auf der Straße“ auch hinfinden zu dem „Ich bin wichtig und du bist wichtig“ und wir beide kommen sicher ans Ziel…

Gute Fahrt!

 

Conny Pinnekamp

training. coaching. seminare.

Trainerin und Coach für Gewaltfreie Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung